Prof. Dr. Thilo Stadelmann hat am TEFO’18 eine Keynote zum allgegenwärtigen Thema der Künstlichen Intelligenz gehalten. Im Interview gewährt er uns einen Einblick in die faszinierende Welt des maschinellen Denkvermögens.
Seine jugendliche Erscheinung täuscht. Prof. Dr. Thilo Stadelmann beschäftigt sich schon lange mit den Forschungsgebieten der Künstlichen Intelligenz und des Maschinellen Lernens. Stadelmann lehrt und forscht an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Am TEFO wird er uns an seiner Forschung teilhaben lassen.
Herr Stadelmann, wo kann uns KI in Zukunft in unserem Alltag helfen?
KI ist definiert als «das Lösen komplexer Probleme mithilfe des Computers». Beispiele sind Autofahren, Englisch ins Deutsche übersetzen, Go spielen, Schichtpläne erstellen, Routenplanung. KI wird sukzessive, Problemlösung nach Problemlösung, entwickelt. Die grössten Fortschritte hat sie in der vergangenen fünf Jahren im Bereich der menschlichen Wahrnehmung gemacht (Sehen, Hören). Bei solchen Aufgaben können uns Computer mittlerweile in einer Art unterstützen, wie das vor zehn Jahren noch undenkbar war.
Gibt es KI, die uns heute bereits unterstützt, welche wir aber nicht als solche wahrnehmen?
Sicher. Das Feld der KI ist sehr breit, da es die unterschiedlichsten Methoden zusammenfasst, die bei Problemen wie oben beschrieben helfen können – von Maschinellem Lernen bis zu Computerlogik. Navigationsgeräte in Autos finden schnelle oder spritsparende Routen per Suchverfahren, was 2016 wiederum als Methode in Kombination auch den Ausschlag gegeben hat für den Erfolg von AlphaGo im Spiel Go. Spracherkennung mittels neuronaler Netze bilden die Grundlage für Google Assistant, Siri, Alexa. Digitalkameras arbeiten seit dem Anfang der 2000er mit Gesichtsdetektion mittels Computer-Vision-Methoden. Die Liste liesse sich lange fortführen.
Was sind die Gefahren bei der Verwendung von KI?
KI ist wie viele Technologien neutral und kann für Gutes und Schlechtes eingesetzt werden. KI wird in Zukunft aber unser (Zusammen-)Leben stark verändern, denn Unternehmen werden die Technologie einsetzen, da sie Effizienz schafft. Und Privatpersonen werden sie einsetzen und kaufen, da sie Komfort schafft. Dies ist unabhängig von jeglicher potentiellen Weiterentwicklung der heute verfügbaren Technologie. Dass heutige Technologien wahrnehmungsbasierte Mustererkennung teilweise auf dem Niveau eines Menschen erledigen können und dass diese auch eingesetzte werden wird, wird einiges verändern. Diese Veränderungen werden gross ausfallen, da KI wie alle computerbasierte Technologien zwei Eigenschaften mitbringt: Man kann damit automatisieren. Und man kann dies «at scale» tun (verdopple die Rechenleistung und man erhält doppelten Outcome).
Nehmen wir an (das ist nicht das wahrscheinlichste Szenario), dass durch den Einsatz von KI in Unternehmen die Effizienz steigt und damit auch Arbeitskapazität frei wird. Wir hätten nun sowohl mehr Geld als auch mehr Freizeit – was prinzipiell gut ist! Aber wie werden wir beides verteilen? Das ist eine Frage, mit der wir uns als Gesellschaft beschäftigen müssen. Dafür haben wir ungefähr die kommenden fünf bis zehn Jahre Zeit, schätze ich. Die grösste Gefahr bei der Verwendung von KI ist, dass wir es als Gesellschaft verpassen, uns anständige Rahmenbedingungen zu geben, damit aus den vielen neuen Möglichkeiten Chancen für ein besseres Morgen werden. Denn sich selbst überlassen, tendieren komplexe Systeme selten dazu, besser zu werden.
Was kann der TEFO-Besucher von Ihrem Vortrag erwarten?
Spannung, Spiel und Spass – und einen Einblick darin, was KI kann, macht und ist, und was nicht. Daraus ergibt sich ein Verständnis, was in näherer Zukunft erwartbar, machbar, und wahrscheinlich ist.
Am 22. November 2018 gewährte Prof. Dr. Thilo Stadelmann am TEFO weitere Einblicke in seine Arbeit und sein Wissen zur Künstlichen Intelligenz. Er hat die Grenzen der KI aufgezeigt und die Herausforderungen erläutert, welche die KI der Gesellschaft auferlegen wird.